Irgendwann beginnt sich eine Diskussion im Kreis zu drehen.
Deswegen hier der Versuch der Zusammenfassung der Beiträge und die sich daraus ergebenden möglichen Forschungsaufträge:
1. Die Anwesenheit von Angehörigen hat möglicherweise auf dieselbigen positive Auswirkungen: postuliert wird, daß Angehörige sich eingebunden und besser informiert fühlen, nah beim Patienten sein können, merken, daß alles für ihn getan wird. Ausserdem wird sichergestellt, daß das Team würdevoll (soweit dies die Maßnahmen zulassen) mit dem Patienten umgehen. Entscheidungen, wann aufzuhören ist, können möglicherweise zusammen getroffen werden. Die Angehörigen haben die Möglichkeit, Abschied zu nehmen.
2. Die Anwesenheit der Angehörigen hat für diese selber möglicherweise negative Auswirkungen: sie werden von dem Gesehenen möglicherweise traumatisiert. Auch wenn sie vorher dabei sein wollten, merken sie erst im Verlauf, was es bedeutet, bei einer CPR anwesend zu sein. Möglicherweise behalten sie das blaue, marmorierte Gesicht, das Alarmieren der Geräte und die Thoraxmassage immer vor den Augen. Möglicherweise werden sie während der CPR hysterisch und stören den Ablauf und die Konzentration- ist niemand da zur Betreuung, ist die Gefahr evtl. erhöht. Möglicherweise akzeptieren sie kein Aufhören der Rea-Maßnahmen wegen Exitus. Es ist möglich, daß sie aufgrund der für sie als brutal empfundenen Herzmassage bitten, die CPR frühzeitig abzubrechen, obwohl aus medizinischer Sicht Hoffnung besteht, weil sie das Leiden nicht mehr ertragen können.Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob Angehörige bei der Mitentscheidung aufzuhören, nicht überfordert werden.
3. Die Anwesenheit der Angehörigen hat möglicherweise negative Auswirkungen auf das Team: die Konzentration wird gestört; insbesondere unerfahrene Kräfte fühlen sich überfordert mit der Doppelbelastung CPR-Angehörigenbetreuung bzw. Beobachtet werden durch Angehörige. Die Situation entspannende, evtl. sogar humorvolle Sprüche, die nicht in böser Absicht, sondern dazu geäussert werden, um das Team in dieser Extremsituation zu entlasten, werden unpassend, die Situation verkrampft dadurch evtl.! Es besteht die Gefahr, daß Situationen wie eine schwierige Intubation etc. durch die Anwesenheit erst Recht außer Kontrolle geraten.
Fazit:
Alle genannten Faktoren sind ernst zu nehmende Aspekte und sollten als Diskussionsgrundlage ernst genommen werden. Da sie teilweise widersprüchlich sind, erscheint es kaum möglich, die pauschale Antworten zu finden. Das heisst, daß sich entsprechende Entscheidungen wohl nur von Fall zu Fall lösen lassen. Die Frage, die beantwortet werden muss, ist, nach welchen Kriterien entschieden werden sollte. Dazu schlage ich, soweit noch nicht vorhanden, folgende Forschungsfragen vor:
1. Möchten Angehörige überhaupt an der CPR teilnehmen und wenn ja, warum?
Sind sie sich dabei auch dessen bewußt,was sie erwartet?
2. Unter welchen Bedingungen ist es aus Sicht des Teams möglich, eine solche Anwesenheit leisten zu können?
3. Welche Erfahrungen gibt es in Bezug auf Anwesenheit von Angehörigen (Erfahrungen aus dem Ausland, aus Deutschland, aus dem Rettungsdienst etc.) Welche Schlussfolgerungen lassen diese Erfahrungen zu?
4. Was ist die Sicht der Ärzte? Würden sie unter welchen Bedingungen Angehörige zulassen?
5. Welche Kriterien lassen sich insgesamt aufstellen zur Entscheidung für oder gegen eine Anwesenheit von Angehörigen bei der CPR.
Insgesamt betrachtet kann man zu Schlussfolgerungen kommen wie man will. Wichtig ist immer, daß das gesamte Team mit der Entscheidung zur Anwesenheit von Angehörigen einverstanden ist und sie mitträgt.
Volker
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