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Beatmungstagebuch: Aufruf zur Studienteilnahme

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    #16
    AW: Beatmungstagebuch: Aufruf zur Studienteilnahme

    Hallo Zusammen!

    Ich finde die Idee eines Intensivtagebuches im Prinzip sehr interessant, aber ob dies eine Hilfe zur Verarbeitung des PTSD ist, kann ich nicht beurteilen. Es hilft vielleicht die verlorene Zeit zu rekonstruieren. Es müsste geklärt sein wer es schreibt, meiner Meinung nach sind Einträge von Pflege, vielleicht auch Arzt nicht unbedingt hilfreich. Wenn man Pflegeberichte ließt, weiß man warum. Ich denke es kann überwiegend den Angehörigen helfen mit ihren Gefühlen und der Situation an sich fertig zu werden.

    fridolin:
    Besser noch als das Führen eine Beatmungstagebuches ist aus meiner Sicht das Führen von beatmeten Patienten ohne Sedierung. Erste Erfahrungen zeigen, dass das Konzept Analgesie ja - Sedierung nein aufgeht, die Patienten subjektiv kürzer beatmet werden müssen, weniger Komplikationen haben, sich wohler fühle und die Extuabation problemlos verläuft.
    Diesen Ansatz kann ich ehr nach vollziehen. Wichtig ist es die Patienten in Sedierungsstadium zu bringen, wo eine Kontaktaufnahme möglich ist, Informationen vom Patienten umgesetzt werden können. Ebenso ist es wichtig in dieser Situation den Stress und Lärm von Außen zu reduzieren. Der Patient befindet sich ohnehin in einer vulnerablen psychischen Phase.
    Der Körper selbst schirmt den Patienten vor unangenehmen Situation ab, daher fehlt es häufig Traumapatienten an Erinnerung.

    Gruß der Randbayer
    At a cardiac arrest, the first procedure is to take your own pulse

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      #17
      AW: Beatmungstagebuch: Aufruf zur Studienteilnahme

      Flashbacks sind etwas furchtbares (kenne ich bis dato glücklicherweise nur aus Erzählungen). Denen kommst du mit einem Tagebuch nicht bei. Du kannst schlimmstenfall die Situation noch verschärfen.

      Ich schließe mich Fridolin und Randbayer an, bei dem derzeitigen Personalmangel sollte die Zeit eher in die Betreuung des Pat. gesteckt werden als zum Erstellen von ev. nachgefragten, mit Risiken ob der Auswirkungen behafteten Tagebüchern.

      Mich würde interessieren, inwieweit die initiierenden Kollegen Kontakt aufgenommen haben mit Psychologen, die in der Traumatherapie tätig sind und wie diese dies sehen. Vielleicht ist mein Ansatz ja ein falscher. Welche Art der Therapie profitiert von solchen Tagebüchern und würden Psychotherapeuten diese Tagebücher nutzen zur Behandlung eines PTBS?

      Elisabeth

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        #18
        AW: Beatmungstagebuch: Aufruf zur Studienteilnahme

        Guten Abend zusammen !

        Beim Lesen der Beiträge kommen mir immer einige Gedanken und Fragen hoch.

        Zunächst einmal möchte ich klar zum Ausdruck bringen, dass anerkannte Forschung bereits BELEGT hat, dass das Tagebuch hilfreich ist.
        In allen bisherigen Untersuchungen gab es eine verschwindend geringe Anzahl an Negativerfahrungen, welche jedoch in keinem Verhältnis zu den Positiven Erfahrungen stehen.

        Elisabeth - ich möchte insbesondere auf Deine Einwände eingehen.
        Du schreibst :
        Flashbacks sind etwas furchtbares (kenne ich bis dato glücklicherweise nur aus Erzählungen). Denen kommst du mit einem Tagebuch nicht bei.
        .
        Tatsächlich KÖNNEN Flashbacks als etwas sehr schlimmes erlebt werden. Meist geht es um das Wiedererleben, oder Wiedererfahren von bereits geschehenem.
        Wir können das Vorkommen von Flashbacks nicht sicher verhindern. Jedoch denke ich, dass wir die Qualität beeinflussen können. Wenn eine Erinnerung mit einem "falschen" Bild verbunden ist, so ist eine Aufzeichnung über Tatsächliches sicher eine Hilfe, das Erlebte in einen rationalen Zusammenhang zu sehen.

        Die Angst, Aufzeichnungen aus der schweren Zeit während der Intensivbetreuung zu lesen, wurde meist mit der Befürchtung argumentiert, die eigene "Verrücktheit" vor Augen geführt zu bekommen.
        In zahlreichen Patienteninterviews haben Patienten über ihre "abnorme" Wahrnehmung berichtet. Über - und ich zitiere - ihre eigene Verrücktheit, die für sie derart unbegreiflich war, dass sie nicht darüber reden konnten. Ein Patient konnte gar nicht aufhören, von seinen unglaublichen Erlebnissen zu erzählen - und das nach über 2 Jahren.
        Der überwiegende Anteil der befragten Patienten hat Informationen vermisst die über das Geschehene aufklären.
        Weiter ist es so, dass das Tagebuch immer noch als ein ANGEBOT zu verstehen ist. Der Patient hat die WAHL, es zu lesen, oder eben auch nicht. Entscheidet der Patient, zu lesen, so besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sein Erleben positiv ist (wie Forschung zeigt). Entscheidet er, nicht zu lesen, so wird sich nichts ändern.

        Wichtig finde ich immer noch meinen Einwand, dass das Tagebuch ERSTMALS eine Möglichkeit darstellt, gezielt ein PTSD-Screening durchzuführen. Wie ich bereits oben geschrieben habe, wird dies so bislang nirgendwo gemacht.
        Die Scheu der Patienten, über diese Zeit zu reden (übrigens ein Symptom von PTSD) lässt eine grosse Menge unerkannter Fälle vermuten. Im Dezember 2008 ist eine Arbeit von Knowles veröffentlicht worden, die folgendes aussagt :
        Survivors of critical illnesses are likely to experience clinically significant symptoms of anxiety and depression following their discharge from hospital. The prospective diary intervention designed to help patients understand what happened to them in intensive care and it has a significant positive impact on anxiety and depression scores almost 2 months after patients' discharge from intensive care unit.
        Aus Sicht der psychologischen Aufarbeitung kann ein Therapeut die dargebotenen Informationen nutzen, um verschiedene Sichtweisen einer Situation zu erfassen. Weiter kommen ja auch (Fremd)Beobachtungen zum Tragen, die bei der Beurteilung von Sachverhalten durchaus hilfreich sein können.

        Schliesslich stelle ich mir auch die Frage, ob hier eine konkrete Vorstellung über Umfang und Inhalt eines Tagebuches besteht.
        Ketzerisch behaupte ich jetzt mal, dass sich Wiederstände bilden, gegen eine Sache, die ja kaum einer kennt.
        Nun .. das ist ja eigentlich auch nichts neues - siehe Pflegekonzepte jeder Art. Doch finde ich es bedauerlich, wenn man dem Patienten von vornherein die Chance nimmt, mit seinem Erleben besser umgehen zu können.

        Abschliessend möchte ich noch hinzufügen, dass ich es natürlich wünschenswert finde, wenn wir die wenige Zeit, die uns am Patienten bleibt dafür nutzen, den Patienten direkt zu fördern. Doch wenn sich die GElegenheit ergibt, und ich das Tagebuch als eine kostengünstige und doch sehr nachhaltige Prophylaxe verstehe, dann sind 5 Minuten pro Schicht wirklich gut investiert.

        Ich hoffe, ich habe einigermassen geordnet und verständlich geschrieben, und schicke Euch nun müde Grüsse aus dem Nachtdienst ....

        Dirk

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          #19
          AW: Beatmungstagebuch: Aufruf zur Studienteilnahme

          Zitat von Dirk Knück

          Zunächst einmal möchte ich klar zum Ausdruck bringen, dass anerkannte Forschung bereits BELEGT hat, dass das Tagebuch hilfreich ist.
          In allen bisherigen Untersuchungen gab es eine verschwindend geringe Anzahl an Negativerfahrungen, welche jedoch in keinem Verhältnis zu den Positiven Erfahrungen stehen.
          Um mir dazu ein Bild machen zu können- wo finde ich die angegebenen Studien? Wer hat sie gemacht? Wieviele Probanden? Welche Fachrichtung: intern, chirurgisch, nach Unfällen, usw.?

          Elisabeth

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            #20
            AW: Beatmungstagebuch: Aufruf zur Studienteilnahme

            Hallo,

            ich finde es ja gut, daß solche Forschungen angestrengt werden und auch zu einem positiven Ergebnis kommen. Die Wirklichkeit läßt aber keinen Platz dafür frei. Die Pflege soll immer mehr machen, bekommt aber dafür wenn überhaupt, eh keine Legitimation, keinen anderen Schlüssel und auch nicht die entsprechende Ausbildung.
            Wir wissen auch, daß das Weaning durch die Pflege schneller und besser funktioniert, aber setzt das in irgendeinem Hirn etwas durch? In den entsprechenden Köpfen leider nicht.

            Wir wollen so viel, probieren so viel, dürfen aber nicht. Wir müssen uns erst mal mit dem "dürfen" beschäftigen, bevor wir uns in das "tun" stürzen. (s. Fachpflegestandard)

            Ich galube auf alle Fälle, daß dieses Tagebuch ein gutes Instrument für die Verarbeitung des Erlebten ist, für den Patienten, für die Angehörigen und auch für das therapeutische Team.
            Wenn wir aber ideale Intensivpflege am Bett (und nicht am Schreibtisch) machen wollen, kann das nur bei einer 1:1-Pflege bei schwerstkranken Pat. geschehen. Alles andere sind faule Kompromisse und führen nur zur weiteren Resignation der Pflege am Bett.
            Schön, was wir alles könnten, wenn wir nur dürften. Wir brauchen aber erst mal die Möglichkeit unsere bisherige Arbeit vernünftig machen zu können.
            (nur so als aktuelles Beispiel: Nachtdienst mit 2 beatmeten, teils in Bauchlage gebrachten Patienten und ein kardial dekompensierter nicht beatmeter Pat. Gleichzeitig soll man auch noch auf die jungen Kollegen schauen, damit die auch zurecht kommen. Ich will ja nicht jammern, uns geht´s noch nicht schlecht genug, aber in den 25 min. (offiziell 45 min. Pause), in denen ich mal gesessen hab, schreib ich keine Fleißaufgaben. Sorry.
            Der Fisch stinkt immer vom Kopf weg, sag ich nur.

            "Alles wird besser", hab ich mir schon abgeschminkt. Optimismus ist nur der Mangel an Informationen.

            Ansonst macht die Arbeit noch Spaß.:jubel:

            Monty
            Kein Puls, kein Ton, wir kommen schon!

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              #21
              AW: Beatmungstagebuch: Aufruf zur Studienteilnahme

              Zitat von Monty
              Optimismus ist nur der Mangel an Informationen.
              Der war gut- endlich verstehe ich die Ursache meines Pessimismus. *fg*

              Elisabeth

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                #22
                AW: Beatmungstagebuch: Aufruf zur Studienteilnahme

                Die genannte "Definition" von Optimismus ist mir hier zu einfach.

                Optimismus wird in gängigen Ansätzen als eine positive Erwartung hinsichtlich zukünftiger Ereignisse bzw. eine positive Interpretation bereits eingetretener Ereignisse definiert.
                Ich persönlich würde sogar weiter gehen, und sagen, dass Optimismus der Glaube an einen Erfolg TROTZ oder gerade mit dem Wissen aller nötigen Informationen ist.

                Zur Literaturliste habe ich es mir auch einfach gemacht :

                1. Bergbom I, Svensson C, Berggren E, Kamsula M. (1999): Patients' and relatives' opinions and feelings about diaries kept by nurses in an intensive care unit: pilot study. Intensive Crit Care Nurs. Aug;15(4):185-91.
                2. Rier, D. (2000): The missing voice of the critically ill: a medical sociologist's first-person account. Sociology of Health & Illness, Volume 22, Number 1, January, pp. 68-93(26)
                3. Bäckman CG, Walther SM. (2001): Use of a personal diary written on the ICU during critical illness. Intensive Care Med. Feb;27(2):426-9.
                4. Åkerman, E. (2002): Patient diary and follow up after intensivecare. https://www.nofi.info/forskning/Pati...maneva_eng.htm
                5. Jones C, Capuzzo M, Flaatten H, et al. (2006): ICU diaries may reduce symptoms of posttraumatic stress disorder. Intensive Care Med 32 (Suppl 1): S144.
                6. Egerod I, Schwartz-Nielsen KH, Hansen GM, Laerkner E. (2007): The extent and application of patient diaries in Danish ICUs in 2006. Nurs Crit Care. May-Jun;12(3):159-67.
                7. Roulin MJ, Hurst S, Spirig R. (2007): Diaries written for ICU patients. Qual Health Res. Sep;17(7):893-901.
                8. Storli SL, Lindseth A, Asplund K. (2007): “Being somewhere else” – delusion or relevant experience? A phenomenological investigation into the meaning of lived experience from being in intensive care.
                International Journal of qualitative studies on health and well being, 2(3), 144-159
                9. Storli SL, Lindseth A, Asplund K. (2008): A journey in quest of meaning: a hermeneuticphenomenological study on living with memories from intensive care. Nurs Crit Care. Mar-Apr;13(2):86-96
                10. Robson, W. (2008): An evaluation of patient diaries in intensive care. World of critical care nursing (6) 2:34-37
                11. Storli, S. (2008): Survey of diaries in Norway. Results of a current study. Lecture on int. Workshop on patient diaries in ICU, 16.6.2008 in Kopenhagen
                12. Akermann, E. (2008): Survey of diaries in Sweden. Lecture on int. Workshop on patient diaries in ICU, 16.6.2008 in Kopenhagen
                13. Knück D, Nydahl P (2008): Survey of diaries in Germany. Lecture on int. Workshop on patient diaries in ICU, 16.6.2008 in Kopenhagen
                14. Knowles RE, Tarrier N. (2009) Evaluation of the effect of prospective patient diaries on emotional wellbeing in intensive care unit survivors: a randomized controlled trial. Crit Care Med. Jan;37(1):184-91
                15. Engström A, Grip K, Hamrén M. (2009): Experiences of intensive care unit diaries: 'touching a tender wound'. Nurs Crit Care. 2009 Mar-Apr;14(2)
                16. Storli SL, Lind R. (2009): The meaning of follow-up in intensive care: patients' perspective. Scand J Caring Sci. Mar;23(1):45-56

                Weitere Interessante Arbeiten sind :
                Alfheim HB; Wheeler M (2007): Psychological consequences of critical illness: what is the long term impact on patients and how can nurses help? CONNECT: The World of Critical Care Nursing; 5 (4): 89-95

                Querques J. (2009): Can reading a diary improve psychological outcomes in the intensive care unit? Crit Care Med. Jan;37(1):356-7

                Jones, C. (2009): Commentary: Knowles RE, Tarrier N (2009). Evaluation of the effect of prospective patient diaries on emotional well-being in intensive care unit survivors: a randomized control trial. Nursing in Critical Care,14 No 3

                Wieviele Probanden? Welche Fachrichtung: intern, chirurgisch, nach Unfällen, usw.?
                Hierzu kann man folgendes sagen : Die Anzahl der Probanden variiert natürlich, und ist auch immer abhängig von der Art der Studie. Während ein quantitatives Forschungsdesign eine vielzahl von Patienten einschliessen kann, beinhalten qualitative Forschungen eher wenige Probanden. Als eine Regel gilt in der Qualitativen Forschung, dass soviele Probanden nötig sind, bis ein "Sättigungsgrad" erreicht ist, also die Befragung keine neuen Erkenntnisse mehr zutage fördert.

                Die Differenzierung nach Fachgebiet ist sicher interessant doch aufgrund der Tatsache, dass im Prinzip JEDER Patient potentiell betroffen sein kann ist diese Differenzierung nicht zwingend notwendig.

                Das ARDS ist zum Beispiel ins Spektrum der PTSD-Forschung geraten, mit dem Nachweis, dass mehr wie 25% der Patienten mit ARDS in der Spätfolge ein PTSD entwickeln. (Posttraumatische Belastungsstörung nach ARDS und septischem Schock von Kapfhammer Hans-Peter, Psychosomatik und Konsiliarpsychiatrie, Vol. 2, No. 4. pp. 220-227).
                Wer aufgrund von Unfalltrauma auf der Intensiv behandelt wird hat sehr wahrscheinlich ein erhöhtes PTSD-Risiko.

                Liebe Grüsse

                Dirk

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                  #23
                  AW: Beatmungstagebuch: Aufruf zur Studienteilnahme

                  Wie ich schon befürchtet habe: nur englische Studien. Da ich des englischen nicht mächtig bin... könntest du meine Fragen etwas detailierter beantworten.

                  Wer hat die Studien durchgeführt? Gibt es Aussagen zur Versorgung während der Akutsituation? Wenn ja, haben diese Auswirkungen auf das psycholog. Outcome? Wie wurde das Tagebuch in die Behandlung des PTBS mit eingeschlossen? Gibt es konkrete Studien von Psychologen (nicht Psychiatern!)?

                  Und was mich fast am meisten interessiert: wie oft wird in Deutschland die Intensivstation nach der Entlassung nochmal aufgesucht um Infos über die Zeit zu bekommen?



                  Elisabeth

                  Kommentar


                    #24
                    AW: Beatmungstagebuch: Aufruf zur Studienteilnahme

                    Englische Studien .. zumindest grösstenteils. Dies, weil sich die "Pflegefachsprache" eher ins Englische bewegt. Es gibt also durchaus auch Deutsche Studien, die jedoch in englischer Fachpreesse publiziert wird.

                    Die Studien wurden von verschiedenen Autoren durchgeführt - darunter finden sich Pflegende (z.B. Bäckmann, Storli), Ärzte mit Intensivmedizinischem Hintergrund, Ärzte mit Psychotherapeutischem Hintergrund, Pflegewissenschaftler, PSychiater usw.

                    Welche Akutsituation meinst Du ???
                    Das akute Auftreten eines PTSD ???
                    Hier haben wir einige Probleme ..
                    1. Ist der Forscher nicht immer zugegen, wenn es zu einem Symptom des PTSD kommt.
                    2. Ist der Patient nicht immer in der Lage, sich mit seinem "krankhaften" Erleben zu äussern. Hier kommen Angst und Verunsicherung zum tragen.
                    3. Kann es ja auch durchaus noch nach Jahren (dokumentiert sind bis zu 10 Jahre) zu Symptomen kommen.

                    Das Tagebuch ist ein Mittel, zur VERMEIDUNG von PTSD. Viele Patienten berichten, dass sie das Tagebuch mehrfach lesen, und es ihnen hilft, die Zeit zu begreifen.

                    Wenn Du schon so gezielt nach der Tehrapie fragst :
                    Es gibt meines Wissens für die Behandlung von PTSD nicht sher viele Behandlungsansätze. Zum einen gibt es die Symptomatische Therapie, die ja primär in der Behandlung von Teilen des PTSD einsetzt - wie etwa Depression (Antidepressiva), Angst (Anxiolytika) oder andere pharmazeutische Ansätze. All dieses möchtest Du, so glaube ich zu lesen, nicht hören.
                    Also widmen wir uns den Psychotherapeutischen Ansätzen.
                    Am meisten Erfolg für die Behandlung des PTSD verspricht die sogenannte Expositionstherapie. Im Zeitraum von 1995 bis 2003 gab es insgesamt 21 Studien, die sich mit dem Thema beschäftigen. In den meisten Studien wurde die Expositionstherapie bevorzugt. Eine Verminderung der Stressbelastung mit dieser Therapie (vereinzelt in Kombination mit konventioneller VErhaltenstherapie) von bis zu 63% konnte ermittelt werden.

                    Bei der Expositionstherapie geht es um das "Imaginäre Wiedererleben" der belastenden Situation. So soll eine Aufarbeitung der Situation erreicht werden. Weiter hat sich eine sogenannte "Interapy" etabliert, die zur Aufarbeitung elektronische Medien nutzt. Hier ist jedoch die Verbreitung eher gering.

                    Zu Deiner letzten Frage :
                    Beantworte Dir die Frage doch selber .. .wie oft hat jemand nachgefragt ???
                    Wahrscheinlich nie. Woran kann das nun liegen - eventuell am fehlenden Angebot ???
                    Was würde es bringen ??? Wenn ich als Pflegender nicht vorbereitet bin, dann kann ich ja ebentuell gar nichts mit dem Patienten (als Mensch und Ex-Patient) anfangen.
                    Folgende Antworten wäen die Folge ... wann waren sie da ??? Das weiss ich nicht ... wir haben so viele Patienten, da kann man sich nicht an jeden erinnern ...
                    Kannst Du Dir vorstellen, dass sich Patienten nicht trauen, an den Ort zu kommen, an dem sie dem Tod so nah waren, an dem sie so viel schreckliches erlebt haben (das Absaugen .. ich habe keine Luft mehr bekommen - das war schrecklich), an dem sie nicht mehr Herr Ihrer Sinne waren ( .. ich muss verrückt gewesen sein), an dem sie die Realität zeitweise vollkommen verloren haben ???

                    Ich hoffe, ich habe nach dem Nachtdienst noch ein paar sinnvolle Sätze auf die Tastatur gebracht ...

                    LIebe Grüsse
                    (und gute Nacht ... )

                    Dirk

                    Kommentar


                      #25
                      AW: Beatmungstagebuch: Aufruf zur Studienteilnahme

                      Hi, @all,
                      interessante Diskussion.
                      Solange jedoch Pflege sich selbst das Anbringen von Schildern mit neuen Besuchszeiten* - geschweige denn die Besuchszeiten* selbst - von Chefärzten genehmigen lassen muss, kann ich nur aufgrund guter Informationen pessimistisch sein...
                      Wie soll ich dann ein "Beatmungstagebuch" einführen und durchsetzen?
                      Zumal Pflegepersonal meist sehr arztgläubig ist - selbst wenn der Arzt den größen Bockmist erzählt.
                      Ich glaube, ehe wir wirklich sinnvoll mit und für den Patienten arbeiten können, muss sich noch viel ändern.
                      Die berühmte Mauer in den Köpfen muss halt weg. Und das berufsgruppenübergreifend!
                      Auf diesem Weg ist aus meiner Sicht der Aufruf von Peter Nydahl auch mit zu verstehen.
                      Hierzu suchen wir Pflegende, die in irgendeiner Form ein Beatmungstagebuch für sedierte und beatmete Patienten (mit-)entwickelt haben und es praktisch anwenden, um sie telefonisch eine halbe Stunde interviewen zu können.
                      Was können wir weiter tun?
                      Etablierung als starke Macht gegenüber dem ärztlichen Sektor?
                      Und das über ca. 50 sog. "Berufverbände"?
                      Oder gar über "Pflegekammern"?
                      Alles dies wurde hier schon schön diskutiert - und villeicht könnt IHR verstehen, dass dieser Überfluss an Informationen bei mir nur pessimismus auslöst...
                      Viele liebe Grüße
                      fridolin
                      Zuletzt geändert von fridolin; 04.08.2009, 08:17. Grund: Schreibfehler
                      immer gelegentlich manchmal
                      Wahlspruch: Dormicum macht den dicksten Bären stumm...

                      Kommentar


                        #26
                        AW: Beatmungstagebuch: Aufruf zur Studienteilnahme

                        hmm ... weshalb machen wir eigentlich eine Dekubitusprophylaxe ???
                        Weil ein Arzt das so bestimmt ???
                        Oder ist es eine Massnahme, die wir aufgrund unserer Erfahrung und unseres Wissens heraus machen ?
                        Wenn wir beweisen können, das Tagebuch führen mehr ist, als nur ein "Zeitvertreib" oder gar ein "Pflegespielchen", können wir es dann als "Wirkende Massnahme" mit in unseren Alltag einbeziehen ??
                        Wenn ich argumentieren kann, dass ich bei einem von 10 Patienten durch die Investition von 5 Minuten PFlegezeit pro Schicht ein PTSD vermeiden oder lindern kann, und somit die Behandlungskosten sparen kann, die in den USA im Jahre 1999 mit durchschnittlich 26000 USD pro Fall veranschlagt wurden, denkt ihr dann, dass es ein nützliches Instrument sein kann, welches man zumindest mal ausprobieren sollte ????

                        Kommentar


                          #27
                          Lieber Dirk Knück,
                          prinzipiell gebe ich Dir recht.
                          Welche Lösung hast Du denn angedacht, um dass Problem der nachhaltigen Kostensenkung zu lösen?
                          Unser ganzes Medizinsystem ist doch zur Zeit nur auf die Senkung kurzfristiger Kosten angelegt und langfristige Folgekosten interessieren mit Verlaub gesagt doch einen Sch....dreck!
                          Das Senken von Folgekosten bedingt, dass kurzfristig in der Regel höhere Kosten entstehen - die insgesamt gesehen sogar die Kosten senken.
                          Gesehen werden aber nur die kurzfristigen Kosten!
                          Und Pflegezeit sind auch Kosten.
                          Viel wichtiger ist aus meiner Sicht allerdings noch das zweite Problem: die Mauer in den Köpfen! Pflege kann auch was - und kann was bewegen! Wir sollten uns im Klaren sein, dass die Investition von 5 Min. Pflegezeit in die Köpfe muss um etwas ändern zu können.
                          Vielleicht gibt es ja sinnvolle Hilfkonzepte zum Einführen neuer Methoden/Arbeitsweisen, die auch in der Pflege funktionieren? (In diesem Punkt bin ich aus eigener Erfahrung heraus sehr pessimistisch...)
                          Viele liebe Grüße
                          fridolin
                          immer gelegentlich manchmal
                          Wahlspruch: Dormicum macht den dicksten Bären stumm...

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                            #28
                            AW: Beatmungstagebuch: Aufruf zur Studienteilnahme

                            Könnten wir nicht beim Thema bleiben?

                            Mir fällt ff. auf:
                            1. Es scheinen nur diffuse Kenntnise zur Entstehung eines PTBS zu geben. Wie immer hält sich die Pflege primär an die Symptome und vernachlässigt die Ursachen/ Auslöser.
                            Beispielfrage: Warum betrifft das Problem PTBS nicht alle ITS-Pat.?
                            2. Der Mensch steht im Mittelpunkt unseres Handelns... und da steht er uns im Wege auf dem Weg zum Schreibtisch.
                            Mit einem Tagebuch bekomme ich die Möglichkeit mich distanzierter (hier auch räumlich und zeitlich zu sehen) um den Pat. zu "kümmern".
                            3. Mich verwundert dieses Engagement von Leuten, die vor Jahren noch ganz andere Ziele verfolgt haben.
                            Haben wir nicht jahrelang versucht, den Pat. mithilfe der Lehren von Antonowsky (Stichwort: Kohärenzsinn) ein besseres Outcome zu ermöglichen? Gab es nicht Kollegen, die entsprechende Hausarbeiten (ich benutze mal bewusst nicht das Wort Studien) geliefert haben zum Thema: Streßauswirkungen, Durchgangssyndrom usw. inklusive Handlungsanleitungen?
                            Wir haben schon nicht geschafft, diese Ideen umzusetzen, wenden wir uns jetzt deshalb anderen Projekten zu in der Hoffnung, dass diese erfolgversprechender sind?

                            Aber vielleicht kommen die Gedanken, die hinter diesem Projekt stecken nur halb rüber?

                            Elisabeth

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                              #29
                              AW: Beatmungstagebuch: Aufruf zur Studienteilnahme

                              Hallo Elisabeth !

                              Vielen Dank für Deinen Beitrag !
                              Auf die genannten Punkte möchte ich wie folgt eingehen :
                              Es scheinen nur diffuse Kenntnise zur Entstehung eines PTBS zu geben. Wie immer hält sich die Pflege primär an die Symptome und vernachlässigt die Ursachen/ Auslöser.
                              Beispielfrage: Warum betrifft das Problem PTBS nicht alle ITS-Pat.?
                              Das ist so nicht wirklich richtig. Zum einen verwehre ich mich gegen Verallgemeinerungen wie etwa : Wie immer hält sich die Pflege ....
                              Auch sind meine Kenntnisse über das PTSD nicht wirklich nur diffus.
                              Die Frage, die mich hier beschäftigt ist, ob Pflege das PTSD als mögliches Problem überhaupt wahrnimmt. Immerhin liegt die Erkrankung ja, meist für Pflege unsichtbar, weit hinter dem Zeitpunkt des Therapieendes auf der Intensivstation.
                              Beispielgegenfrage : Warum bekommt nicht JEDER Patient einen Dekubitus, warum bekommt nicht jeder Patient eine VAP, oder eine Thrombose ????

                              Zur Ätiologie des PTSD gibt es sehr viele mögliche Ursachen. Nehmen wir Katecholamine, deren Gabe wir ja nicht wirklich in Hinblick eines möglichen PTSD stoppen können.
                              Wie ist es mit Sedativa, Analgetika, alle Massnahmen, die Deprivation zur Folge haben ???
                              Wie können wir das monotone Ticken der IABP abstellen, oder das Pffft der Beatmungsmaschine ???
                              Aber am wichtigsten (Kapfhammer hat das in seiner Arbeit beschrieben) ist das Fehlen von Wissen über die Zeit.
                              Der Mensch steht im Mittelpunkt unseres Handelns... und da steht er uns im Wege auf dem Weg zum Schreibtisch.
                              Sehr amüsant... Mein Einwand ist folgender : Das Tagebuch ist gedacht als "zum Patienten gehörig". Das heisst, es liegt im Patientenzimmer, und wird auch dort geschrieben. Selbst wenn man es mitnimmt, um an einem ruhigen Ort zu schreiben, so nimmt es ja nur etwa 5 Minuten in Anspruch. Übrigens ist ein wichtiger Faktor bei der Kontinuität des Tagebuches die Angehörigen, die auch schreiben können ...
                              Mich verwundert dieses Engagement von Leuten, die vor Jahren noch ganz andere Ziele verfolgt haben.
                              Meinst Du damit mich ???
                              Ich habe bislang die "Arbeit" an dem Projekt Tagebuch ebenso wie Peter in meiner Freizeit geleistet. Auch die anfallenden Kosten (wie etwa Ethikkommision, Schreibkosten und die Erstauflage des Tagebuches) sind bislang aus dem Privatbudget geleistet worden. Neben meinen Ehrenamtlichen Engagement um das Tagebuch bin ich noch mit 42 Stunden pro Woche in der Klinik am Bett als Krankenpfleger beschäftigt.
                              Von daher fällt es mir schwer, diese Sätze Kommentarlos zu schlucken. Schlimmer finde ich das Gefühl, mich dafür "rechtfertigen" zu müssen.

                              Vielleicht wäre es ja mal eine Idee, liebe Elisabeth, anstatt mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln Argumente zu suchen, um GEGEN etwas zu sein, sich der Idee vorbehaltlos zu öffnen, um selber die Erfahrung zu machen, ob es gut oder schlecht ist.
                              Roulin (eine Kollegin aus der Schweiz) hat erfahren, dass das Tagebuch für Pflegende ein Gewinn ist, da ihre Beziehung zu den Patienten eine intensivere und bessere wird.
                              Ein solches Konzept (ich bezeichne das Tagebuch mal als Konzept) kann man nicht "mal eben kurz" in einem Diskussionsbeitrag erklären.

                              Liebe Grüsse

                              Dirk

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                                #30
                                AW: Beatmungstagebuch: Aufruf zur Studienteilnahme

                                @Dirk- vielleicht liegt es daran, dass ich in der eigenen Familie einen angehenden Psychologen habe, mit dem man sich gut austauschen kann ob dieser Problematik. Psychologen sehen die Entstehung des PTBS oft etwas mehrdimensionaler als Mediziner.

                                Und warum ich so kontra bin? ich erlebe in meiner Arbeit die zunehmende Stellenreduzierung in allen Pflegebereichen hautnah. Vielleicht habe ich da zuviele Infos.
                                Zu deinen 5 Minuten schreiben pro Schicht- rechne das auf eine 10 Betten- Intensivstation hoch- und das ist eher noch eine kleine Einheit- da sind wir schon bei 50 min. Was kann man alles in 50 min machen um dem Pat. das Gefühl zu geben, die Situation zu verstehen, die Situation als sinnhaft zu erleben und die Situation als handhabbar zu empfinden? Dafür muss man allerdings vor Ort am Pat. sein.

                                Und fridolin hats so schön auf den Punkt gebracht: solange in D immer noch an vielen Intensivtherapiestationen das Schild mit der Besuchszeit prangt,....

                                Hochachtung vor eurem privaten Engagement. Aber ich befürchte, für das Konzept ist in D momentan nicht der rechte Zeitpunkt.

                                Ich für meinen Teil bin mehr als ernüchtert nach mehr als 30 Jahren Berufserfahrung und Engagement in der Pflege- speziell mit Pflegeprozess, Vermittlung von banaler Fachkompetenz usw. und nicht zuletzt mit der Vermittlung von BasStim. Die meisten Pflegekräfte wollen vor allem eine schnelle Hilfe im Umgang mit den immer mehr werdenden Aufgaben. Und ich kann sie verstehen... auch wenn ich nicht mehr an der Basis arbeite.

                                Heute gerade bei Destatis gefunden:
                                Krankenhäuser
                                393 000 Pflegekräfte für 17,2 Millionen Krankenhauspatienten
                                Der Tag der Krankenpflege am 12. Mai erinnert an den Geburtstag der britischen Krankenschwester Florence Nightingale (1820-1910), die Pionierin der modernen Krankenpflege.
                                In ihrem Sinne waren nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im Jahre 2007 in Deutschland 393 000 Pflegekräfte für die Versorgung von 17,2 Millionen vollstationär behandelten Krankenhauspatienten und -patientinnen im Einsatz.
                                Dem Pflegedienst werden 46% des nichtärztlichen Krankenhauspersonals zugerechnet. Zu den 393 000 Pflegekräften gehören unter anderem 318 000 Krankenpfleger und -pflegerinnen, 38 000 Kinderkrankenpfleger und -pflegerinnen und 18 000 Krankenpflegehelfer und -helferinnen.
                                In der Krankenpflege sind überwiegend Frauen beschäftigt. Der Frauenanteil an den Pflegekräften insgesamt betrug 2007 86,4%, bei den Kinderkrankenpflegern und -pflegerinnen waren es sogar 98,4%.
                                Annähernd jeder zweite Krankenhausmitarbeiter im Pflegedienst (46,7%) ist teilzeit- oder geringfügig beschäftigt. Umgerechnet auf die volle tarifliche Arbeitszeit entsprechen die 393 000 Pflegekräfte 298 000 Vollkräfte in der Krankenpflege. Eine Vollkraft im Pflegedienst versorgte 2007 im Durchschnitt 58 Patienten und Patientinnen. Im regionalen Vergleich betreute eine Pflege-Vollkraft in Mecklenburg-Vorpommern die meisten Fälle (63), die wenigsten eine Vollkraft in Bremen (52) und Hamburg.
                                http://www.destatis.de/jetspeed/port...nderPrint.psml
                                Elisabeth

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