Forum zwai AI Top

Einklappen

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

"Krankenhaussterben"

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    "Krankenhaussterben"

    Hallo Ihr !

    Bin mittlerweile ganz erschrocken, wieviele Krankenhäuser in unserer Region, ihre Pforten geschlossen haben ... oder von der Schließung bedroht sind !
    "Früher" war das nie ein wirkliches Thema für mich und schien weit weg ... nun aber sind immer mehr Leute aus meinem Bekannten- und Freundeskreis betroffen, was mich sehr nachdenklich gemacht hat !
    Was denkt Ihr über diese Entwicklung in unserem Gesundheitssytem ?
    Habt Ihr vielleicht auch schon Erfahrungen "am eigenen Leibe" machen müssen ?
    ____________



    Viele Grüße von prometheus


    Be kind to nurses. We keep doctors from accidentally killing you !

    #2
    Zitat von prometheus
    Hallo Ihr !

    Bin mittlerweile ganz erschrocken, wieviele Krankenhäuser in unserer Region, ihre Pforten geschlossen haben ... oder von der Schließung bedroht sind !
    "Früher" war das nie ein wirkliches Thema für mich und schien weit weg ... nun aber sind immer mehr Leute aus meinem Bekannten- und Freundeskreis betroffen, was mich sehr nachdenklich gemacht hat !
    Was denkt Ihr über diese Entwicklung in unserem Gesundheitssytem ?
    Habt Ihr vielleicht auch schon Erfahrungen "am eigenen Leibe" machen müssen ?
    Hallösche,

    Ja das geht mir ähnlich, erschrocken bin ich auch über die Art & Weise in der Verfahren wird. Unser Haus ist in einem Verbund integriert und eines davon hat dieses Jahr überraschend geschlossen, die Mitarbeiter haben über ein informationsblatt, welches von der MAV gestaltet worden ist erfahren, wobei allerdings die meisten der Kollegen in der Zeitung über die beschlossene Schließung des Hauses erfahren haben.

    Bei uns im Haus sehe ich leider den Trend das die Entwicklung Rückschritte macht die peripheren Stationen werden gekoppelt, es ist in diesem Jahr ein Pflegestützpunkt zwischen 2 Stationen errichtet worden. Die Konsequenz ist das die Stationen sich wieder in Richtung Funktionspflege orientieren. Leider haben viele Kollegen angst ihren Arbeitsplatz zu verlieren so das die meisten von oben diktierten Entscheidungen hingenommen werden.

    Einem Weiteren Haus aus unserem Verbund droht die Schließung in den nächsten 3-5 Jahren.

    Ciao Aaron
    so long and thanx 4 all the fish

    Kommentar


      #3
      Hallo,
      Die Konsequenz ist das die Stationen sich wieder in Richtung Funktionspflege orientieren
      Man kann der ganzen Sache mit Stationszusammenlegungen (bei uns ist das auch so) auch anders begegnen. In den Zeiten der Funktionspflege fehlte uns z.T. das Know how. Doch mittlerweile gibt es das entsprechende Wissen, auf großen Stationen konsequent Bereichspflege einzuführen. Gerade weil man nicht den kompletten Überblick über 40 Patienten haben kann, ist dies sogar sehr zweckmäßig. Man muss dies nur interdisziplinär planen und organisieren. Denn wenn nicht alle mitziehen (auch die Ärzte), wird man Schiffbruch erleiden.
      Gruß
      Gerry

      Kommentar


        #4
        Krankenhaussterben? Personalabbau!! ARBEITSLOSIGKEIT!

        Ihr lieben,
        hier geht es schon längst nicht mehr um den Menschen sondern nur noch um Kosten. Als Kostentreiber im Gesundheitswesen hat die Politik die Krankenhäuser auserkoren (Warum eigentlich nicht die Pharma-Industrie?).
        Folgendes ist passiert:
        Einführung des neuen Abrechnungs-systemes DRG, weiterhin "Deckelung" des Budgets, d.h. ab diesem Jahr wird nach DRG ("Fallpauschale") abgerechnet, die Klinik erhält insgesamt gesehen aber keinen cent mehr an Geld, auch wenn die DRG - Abrechnung günstiger wäre.
        Folge:
        Kosten müssen reduziert werden. Welche Kosten kann man reduzieren? Natürlich die Personalkosten. Diese lassen sich bei einem Abrechnungssystem nach DRG besonders gut auch für die Pflege anteilig ermitteln.
        Folge: Zu viel Pflegepersonal = Entlassung mit allen für ALLE negativen Folgen.
        Was bedeutet dies für das restliche Pflegepersonal (in ALLEN bereichen)?
        A R B E I T S V E R D I C H T U N G !!
        U N D: Bangen um den eigenen Arbeitsplatz.
        DENN: Niemand ist unkündbar (hier ist der BAT - Kündigungsschutz sehr trügerisch...über 40 und länger als 15 Jahre beschäftigt...)
        Es betrifft bereits Krankenschwestern und -pfleger der sog. "Normalstationen" und es wird nicht vor den Fachabteilungen wie Anästhesie und Intensivpflege sowie OP-Pflege halt machen.
        Hier sollte auch der DFG vernunft walten lassen und in Sachen OTA - Ausbildung zurück rudern, da sonst die Arbeitsplätze für Krankenschwestern und- pfleger in der Anästhesie gestrichen werden (leider nicht nur grün , sondern ganz)
        Nun der Aufruf, an allen geeigneten Stellen (Berufverbände, Gewerkschaften, politische Parteien u.s.w.) den Unmut über diese Politik laut und deutlich zu artikulieren - es könnte demnächst auch DEIN Arbeitsplatz betroffen sein.
        Nach der langen Stellungnahme, die inhaltlich sehr verkürzt ist, sage ich nun
        Tschüß
        .....und diskutiert dies bitte auch in Euren Arbeitsbereichen rege weiter....
        fridolin
        Zuletzt geändert von fridolin; 28.01.2005, 18:56.
        immer gelegentlich manchmal
        Wahlspruch: Dormicum macht den dicksten Bären stumm...

        Kommentar


          #5
          Zitat von fridolin
          Kosten müssen reduziert werden. Welche Kosten kann man reduzieren? Natürlich die Personalkosten. Diese lassen sich bei einem Abrechnungssystem nach DRG besonders gut auch für die Pflege anteilig ermitteln.
          Folge: Zu viel Pflegepersonal = Entlassung mit allen für ALLE negativen Folgen.
          hallo fridolin.

          wir reden hier ja nicht von irgendeinem bereich, sondern von den funktionsbereichen op, anästhesie, intensiv.

          hört sich arrogant an, ist aber anders gemeint, denn schliesslich wird hier die leistung erbracht und das geld verdient. wenn ich diese bereiche um mitarbeiter beschneide, also die leistung zwangsläufig reduziere geht auch meine guthaben-seite schwer nach unten.

          das werden die kollegen in der verwaltung schon irgendwann verstehen müssen, wenn nicht der ganze laden den bach runtergehen soll.

          na klar kann man hier auch ansetzten und sagen: wir nehmen keine pflegenden mehr, sondern otas und atas, weil die kosten weniger.

          aber: hier muss man erstmal trennen zwischen op und anästhesie: die op-weiterbildung finde ich in der tat ziemlich unsinnig - warum muss ich 3 jahre pflege lernen und danach nochmal 2 Jahre, wenn meine einzige pflegerische tätigkeit sich auf die Auslagerung von einem Arm bezieht? Hier kann man mit der ota-ausbildung wirklich geld sparen, denn schere und tupfer anreichen kann ich - überspitzt ausgedrückt - auch locker in 2 Jahren lernen, ohne vorher krankenpflege gemacht zu haben.

          in der anästhesie sehe ich das etwas anders. hier gibt es deutlich mehr pflegerisch relevante tätigkeiten, in nicht mal eben so in einem crash-kurs abgefrühstückt sind.

          ich denke, die aktuelle lage ist nur der tiefpunkt der entwicklung. bald wird es sicherlich auch wieder aufwärts gehen, wenn die entscheider verstanden haben, wo welches geld herkommt und wer letztlich für die umsätze sorgt.

          kollegiale grüße,

          tobi
          Nein, ich bin nicht die Signatur - ich putze hier nur!

          Kommentar


            #6
            Ich fürchte, aufwärts geht es erst wieder, wenn 20-25% der derzeitigen Krankenhäuser die Grätsche gemacht haben. Die dann noch bestehenden KH's werden sicherlich berechtigte und dauerhafte Überlebenschancen haben!

            Kommentar


              #7
              Fürstenwalde verliert das Krankenhaus

              Copyright 2000 bis 2004 moz.de Märkisches Verlags- und Druckhaus GmbH & Co. KG

              Fürstenwalde verliert das Krankenhaus
              Von Ingolf Bunge

              Fürstenwalde/Bad Saarow (MOZ) Das Fürstenwalder Krankenhaus schließt - womöglich schon zum 30. Juni kommenden Jahres. Die Humaine-Betreibergesellschaft verlegt ihre Fürstenwalder Kapazitäten nach Bad Saarow, bestätigte die Geschäftsführung auf MOZ-Anfrage. Die Mitarbeiter werden übernommen, aus dem Fürstenwalder Krankenhaus könnte eine Tagesklinik werden.

              Die Humaine-Geschäftsführung begründet das Aus für Fürstenwalde mit einer Entscheidung aus dem Oktober 2000: Vertreter der Krankenkassenverbände, des Gesundheitsministeriums und der Landeskrankenhausgesellschaft hätten sich seinerzeit darauf verständigt, eine Sanierung nicht zu fördern. Der Grund: Wie auch anderswo in Brandenburg sollten aus zwei Krankenhäusern eins werden.

              "Dies erfolgt unter der Prämisse, dass die im Landes-Krankenhausbetten-Plan festgelegte Kapazität für ursprünglich zwei Standorte erhalten bleibt", heißt es in einer Mitteilung von Humaine - "und das ist das Entscheidende für die Region." Soll bedeuten: Die derzeit zu 80 Prozent ausgelasteten 100 Fürstenwalder Betten stehen künftig in Bad Saarow.

              Auf einer Betriebsversammlung Anfang November hieß es, dass möglicherweise zum 30. Juni 2005 im Fürstenwalder Krankenhaus die Lichter ausgehen. Allerdings, könne sich der Termin auch nach hinten verschieben. Dass aber das Aus so plötzlich kommt, hängt laut MOZ-Informationen vor allem mit zweierlei zusammen:

              mit baulichen Auflagen in einer beachtlichen Größenordnung, die Humaine nicht alleine tragen will; das Land aber gibt keine Fördermittel.

              nd mit dem Arbeitszeitgesetz, wonach neuerdings Bereitschaftsdienste auch als Arbeitszeit gelten. "Derzeit müssen wir in der Chirurgie an zwei Standorten zwei Diensthabende stellen, wobei schon das Besetzen eines Bereitschaftsdienstes schwierig ist", sagt ein Arzt. "Ähnlich sieht es in der Inneren Medizin und in der Anästhesie aus."

              Ökonomischer Nebeneffekt des Umzuges nach Bad Saarow ist zudem: Patiententransporte zwischen den beiden Betriebsteilen entfallen. Denn traten in Fürstenwalde Komplikationen auf, mussten die Patienten ohnehin zu speziellen diagnostischen und therapeutischen Verfahren nach Saarow verlegt werden.

              "Für den Standort Fürstenwalde bekommen ambulante Versorgungskonzepte den Vorrang, die mit den niedergelassenen Ärzten der Region verwirklicht werden sollen", heißt es in einer schriftlichen Antwort auf die MOZ-Anfrage (Geschäftsführer Fred Vock ist im Urlaub). Diese Konzepte sehen eine Tagesklinik vor, die abends abgeschlossen wird. Damit hätte zumindest der mit fünf Millionen Mark geförderte neue OP-Trakt in Fürstenwalde eine Zukunft - als ambulantes OP-Zentrum.

              Saarow und/oder Fürstenwalde - die Krankenhaus-Diskussion ist alt. Dr. Mathias Schubert, Landrat des Altkreises Fürstenwalde, hatte immer für einen Neubau in der größten Stadt der Region plädiert. Den beschloss der Kreistag Oder-Spree dann auch Ende 1994. Die beiden alten Häuser sollten schließen, wenn das neue Fürstenwalder Hospital zwischen Spree und Breitscheidstraße eröffnet wird. Es kam anders. Heute geht die Sanierung des Saarower Klinikums in großen Schritten voran.

              Donnerstag, 11. November 2004 (20:05)
              Quelle: http://www.moz.de/showArticle.php?OP...walde&ID=39473

              Kommentar


                #8
                AW: "Krankenhaussterben"

                Und das denken unsere Vorgesetzten:


                MedInfoWeb
                M. Thieme DRG-Zeitung myDRG
                B. Sommerhäuser
                Entdecken Sie Artikel aus den Bereichen MDK, ÖKONOMIE, IT, PERSONAL, QM, MARKETING, MEDIZIN und POLITIK.

                info@MedInfoWeb.de 14.09.2004 www.myDRG.de
                info@myDRG.de
                Ausgezeichnet mit dem Klinikförderpreis 2002 der Bayerischen Landesbank
                Das Copyright der zitierten Artikel liegt beim jeweiligen Autor - Das Copyright der DRG-Zeitung liegt bei myDRG und MedInfoWeb 2002 –2004

                Einzeln abrechnen, gemeinsam sparen
                Wirtschaften – diese Vokabel bereitet in den meisten Krankenhäusern nur der Managementebene und der Verwaltung Kopfzerbrechen. Im Universitätsklinikum Tübingen gehört sie auch zum Sprachschatz der Leiter der Fach- und Funktionsabteilungen. Denn seit diese Bereiche über eige-ne Budgets verfügen, denkt man hier über viele Ausgaben zweimal nach.

                Einst besuchten die OP-Mitarbeiter des Universitätsklinikums Tübingen (UKT) die Fachweiterbildun-gen der DKG so selbstverständlich wie die Weihnachtsfeier. Doch das änderte sich Mitte der 90er Jahre, als die Klinik begann, ihre Abteilungen als Profit-Center zu organisieren. Jede Abteilung er-hält seitdem ein Budget, mit dem sie fast alle Kosten selbst finanzieren muss. Das soll Ärzte und Pflegepersonal zu wirtschaftlicherem Handeln animieren. Der Ansatz erweist sich als erfolgreich. Der Geschäftsführer der OP-Abteilung ist inzwischen zu dem Schluss gekommen, dass sich bei den Fachweiterbildungen mehrere 100.000 Euro einsparen lassen, ohne dass die Qualität leidet. Der Kaufmännische Vorstand Rüdiger Strehl ist sich sicher: Dank der dezentralen Struktur der Wirt-schaftsführung kann das UKT heute schwarze Zahlen schreiben – trotz aller Widrigkeiten wie stei-gende Medikamentenkosten, VBL-Leistungen (tariflich vereinbarte Zusatzversorgung für Angestell-te im öffentlichen Dienst) und entkoppelte Tarife, also die immer größer werdende Schere zwi-schen Krankenhausbudgets und Tarifsteigerungen.

                Den Begriff „Profit-Center“ verwendet der Vorstand zwar mit Vorsicht. „Wir bewegen uns in diese Richtung. Unter DRG-Bedingungen ist die ausschließliche Budgetierung einer Abteilung aufgrund ihrer erwirtschafteten Erträge jedoch noch nicht möglich“, sagt Gabriele Sonntag, stellvertretende Kaufmännische Direktorin und Leiterin des Bereichs Finanzen am UKT. Dies liegt vor allem am noch fehlerhaft ausgestatteten DRG-System, das nicht alle Bereiche und Leistungen adäquat abbildet.

                Fest steht jedoch: Die Profit-Center-Struktur zwingt die Abteilungen, ihre Kosten zu überdenken und Notwendiges von Überflüssigem zu unterscheiden. Zugleich gewinnen die „wirtschaftenden Einhei-ten“ – so heißen die Abteilungen seit Einführung der Profit-Center-Struktur – ein hohes Maß an Au-tonomie und Flexibilität. Den wirtschaftenden Einheiten ist nämlich nicht vorgeschrieben, was sie mit ihrem Budget anstellen. Sie können in neue Medizintechnik oder Möbel investieren oder auch eine Stelle ausschreiben. Das UKT hat die zentrale Personalwirtschaft abgeschafft. „Das ist sinnvoll. Denn eine unbesetzte Stelle schreit danach besetzt zu werden – egal, ob der zusätzliche Mitarbei-ter nun wirklich gebraucht wird oder nicht“, meint Strehl, der auch Vorsitzender des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) ist. Die Abteilungen würden jetzt spüren, wie Kosten treibend Personal ist, und zweimal überlegen, ob eine Stelle besetzt werden muss. „Als wir vor etwa zwei Jahren die vorklinischen Institute übernahmen, betrachteten die Leiter die Profit-Center-Struktur erst skeptisch. Doch dann sahen sie plötzlich, dass sie im Schnitt 40.000 bis 50.000 Euro sparen konnten, wenn sie nur ein Jahr eine Stelle unbesetzt ließen. Plötzlich hatten sie Geld für neue Ge-räte und die Renovierung der Büros“, sagt Strehl.

                Der Verzicht auf den Stellenplan hat auch den Vorteil, dass der langwierige zentral gesteuerte Ausschreibungs- und Einstellungsprozess wegfällt und die Abteilungen flexibel auf Engpässe beim Personal reagieren können. Demnächst werden die Abteilungen bei der Personalplanung vermut-lich noch freier agieren können, denn das UKT hat entschieden, ab 2005 aus dem BAT auszustei-gen. Die Bezahlung könnte dann leistungsorientierter und unabhängiger von formalen Vorgaben erfolgen. Ohne Vergütungskorsett wäre es zum Beispiel möglich, so Strehl, eine erfahrene und kompetente Intensivkrankenschwester besser zu bezahlen als einen Arzt, der Berufsanfänger ist.

                Die Autonomie der wirtschaftenden Einheiten geht weit. Fast alle Leistungen werden intern ver-rechnet. Zentral geregelt sind am UKT nur die strategischen Entscheidungen, das Finanzcontrolling, die EDV, das Personalwesen, Gebäudemanagement, der Einkauf und das Rechnungswesen. An-sonsten gilt: Jede Abteilung rechnet mit jeder ab. Die Stationen müssen zum Beispiel ihre Medika-mente und ihr Verbandmaterial einkaufen und für Leistungen der Physiotherapeuten und Ergothe-rapeuten sowie des Labors bezahlen. Auch die bildgebende Diagnostik kostet etwas. Wäsche, Raumreinigung, Telefon und das Catering werden ebenfalls verrechnet. Selbst Kaffee und Mine-ralwasser gibt es inzwischen nicht mehr umsonst. Anfangs wurden diese beiden Kleinposten aus Kulanzgründen vom Budget ausgenommen. Doch bei einer internen Erhebung stellte sich heraus, dass der Pro-Kopf-Verbrauch so hoch war, dass die Patienten unter Herzstörungen hätten leiden müssen. „Dass sich das Personal selbst bedient, ist immer noch ein Problem. Beim Essen wird jetzt allerdings schon sehr genau geguckt“, sagt Strehl.

                Bei aller ökonomischer Freiheit ist Mauschelei kaum möglich. Das zentrale Rechnungswesen hat auf alle Daten des Controllings in der Klinik Zugriff. Es kann genau ermitteln, welche Leistungen, Aufwendungen und Erträge eine wirtschaftende Einheit erbracht hat. Umgekehrt hat auch die wirtschaftende Einheit Zugriff auf die Daten, die das Rechnungswesen über sie angelegt und ge-speichert hat. „Diese Datentransparenz ist wichtig. So kann man offen miteinander reden, wenn es in einer Abteilung zum Beispiel heißt, da und dort brauchen wir noch Geld. Man hat den Überblick und weiß, ob eventuell an anderer Stelle in der Abteilung Geld übrig ist“, sagt Strehl.

                Pflegedirektion und Pflegedienstleitungen konnten sich anfangs nicht für das Profit-Center-Konzept erwärmen. Schließlich hat der Klinikvorstand ihre Bedeutung gekappt: Das Leitungskon-zept in Tübingen sieht für die wirtschaftenden klinischen Einheiten eine singuläre Leitung vor; an ihrer Spitze stehen ein Ärztlicher Direktor, der von einem Bereichscontroller unterstützt wird. „Die Bereichscontroller sind überwiegend Betriebswirte von Universitäten oder Fachhochschulen, aber auch fachnah sozialisierte Selfmademen oder -women. Diese ökonomische Fachkraft ist wichtig, damit der Ärztliche Direktor die Doppelaufgabe von medizinischem und Abteilungsmanagement kompetent und effizient erledigt“, sagt Strehl. Die Pflegedienstleitung und die Pflegekräfte sind dem Ärztlichen Direktor unterstellt und nicht mehr dem Pflegedirektor. Das bedeutet, dass der Lei-ter der wirtschaftenden Einheiten auch über Einstellungen von Pflegepersonal entscheidet. Der Ärztliche Direktor kann bei Einstellungen grundsätzlich recht frei agieren. Selbst die Klinikumsver-waltung redet ihm kaum rein. Sie kontrolliert nur, ob der Leiter die arbeitsrechtlichen Kriterien ein-hält.
                Die singuläre Aufbauorganisation am UKT basiert auf der Überzeugung, dass die Medizin die füh-rende Disziplin im Krankenhaus ist und nicht die Pflege. Dem stimmt inzwischen sogar der Pflegedi-rektor des UKT, Günther Brenzel, zu. Durch immer kürzere Verweildauern im Krankenhaus reduziere sich die Behandlung zunehmend auf rein medizinische Aspekte. „Die Pflege findet künftig in Sys-temen außerhalb des Krankenhauses statt“, sagt Brenzel. Die singuläre Aufbauorganisation wirkt sich nach Meinung von Strehl vor allem aber günstig auf die tagtäglichen Arbeitsprozesse auf Station aus. Oft knirschen diese, weil die Ärztliche Leitung und die Pflegedienstleitung die Mitarbei-ter für ihre Interessen instrumentalisierten. Da wird jahrein, jahraus diskutiert, ob es zu den Aufga-ben einer Pflegekraft gehört, Blut abzunehmen. Eine singuläre Leitung kann durch entsprechende Anordnungen in diesem Fall Klarheit schaffen und für reibungslosere Abläufe sorgen.

                Der Pflegedirektion im UKT bleibt vor allem die konzeptionelle Arbeit: Sie kümmert sich zum Beispiel um grundsätzliche Rahmenvorgaben wie Pflegeleitlinien und Qualitätsvorgaben, befasst sich mit Beschwerden, die die pflegerische Leistung betreffen, und mit Pflegedokumentationsverfahren. Zudem ist sie für die Personalentwicklung der Pflegedienstleitungen verantwortlich. Bei der Stellen-besetzung spielt die Pflegedirektion keine zentrale Rolle, ihr Einfluss ist nunmehr eher bundespräsi-dial: Sie hat ein Auswahl- und Vorschlagsrecht, doch dürfen ihre Vorstellungen denen der wirt-schaftenden Einheit nicht entgegenstehen. Die Pflegedienstleitungen bleiben jedoch weiterhin unentbehrlich: Sie schreiben nach wie vor Dienstpläne und haben ein Auge auf Leistung und Dis-ziplin der Pflegekräfte. „Sie müssen sich unter anderem auch dafür einsetzen, dass maximale Zeit für die Patientenbetreuung verfügbar ist und die Übergabezeiten minimiert werden“, sagt Strehl. Zudem sind die Pflegedienstleitungen mit neuen Anforderungen konfrontiert: Sie müssen EDV-Kenntnisse für die neuen klinischen Informationssysteme erwerben. Auch ist – besonders wegen des DRG-Systems – mehr betriebswirtschaftliches Wissen gefordert. „Die Pflege hat bei der Fort-schreibung ihrer Curricula diese Entwicklung teilweise verschlafen“, meint Strehl.

                Lange Zeit hatte der Klinikumsvorstand auch die Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und den Sozialdienst im Verdacht, den Dienst zu gemächlich zu absolvieren. „Es schien, als ob die nieder-gelassenen Krankengymnasten in kürzerer Zeit bessere Arbeit leisteten“, sagt Strehl. Die Vermutung war offenbar nicht unbegründet: Nachdem auch die Physiotherapeuten zu einer wirtschaftenden Einheit zusammengefasst wurden, konnte deren Leitung sechs Vollzeitkräfte abbauen. Sehr deut-lich zeigt sich die Wirkung der Profit-Center-Struktur auch im OP. Der Geschäftsführer dieser wirt-schaftenden Einheit wird den Betrieb durch versetzte Dienste auf die Zeit nach 18 Uhr ausdehnen. „Dadurch werden sich die OP-Kapazitäten und folglich auch der Umsatz erhöhen“, sagt Strehl. Doch die dezentrale Aufbauorganisation hat auch Nachteile: „Ein Abteilungsegoismus ist nicht zu übersehen, der durch die Wirtschaftshoheit noch verstärkt wird“, sagt Strehl. Hinzu kommen die große fachliche Zersplitterung und fehlende Synergieeffekte – so denken Abteilungen zum Beispiel nicht daran, sich gemeinsam ein Ultraschallgerät anzuschaffen. „Auch ist es für den Vorstand höchst unerquicklich, jeden Tag kleingewirkte Einzelentscheidungen aus den Abteilungen auf den Tisch gelegt zu bekommen“, sagt Strehl.

                Immerhin gibt es in den Kliniken und vorklinischen Instituten etwa 100 und im infrastrukturellen Be-reich 40 wirtschaftende Einheiten. Das soll sich ändern: Das UKT hat vor zwei Jahren mit der Zent-renbildung begonnen. Zuerst hat der Klinikumsvorstand die fünf Pädiatrieabteilungen zusammen-gelegt. Vor kurzem folgten die Inneren Abteilungen – offenbar nicht ganz unfreiwillig. „Hier ist von allein die Einsicht gewachsen, dass abteilungsübergreifende Strategien überlebenswichtig sind“, sagt Strehl.

                Kommentar


                  #9
                  AW: "Krankenhaussterben"

                  Passt auch in diese Artikelreihe:

                  Mit Trillerpfeifen gegen Privatisierung

                  Außen marode und ziemlich defizitär: Die Uniklinik Gießen

                  Wie weiter mit der defizitären Uniklinik Gießen? Gegen die Privatisierung haben am Donnerstag 350 Beschäftigte demonstriert. Sie befürchten Massenentlassungen.

                  Wenn ein privater Betreiber das Klinikum übernehme, drohe ein Abbau bis zu einem Drittel der rund 5.300 Stellen, sagte Personalratsvorsitzender Klaus Hanschur. Damit werde sich auch die Versorgung der Patienten verschlechtern. Der Aufsichtsrat will am Montagabend entscheiden, ob ein privates Unternehmen das Klinikum betreiben soll oder ob lediglich ein Investor einsteigt.

                  Weiter: -> http://www.hr-online.de/website/rubr...cument_2573770

                  Kommentar


                    #10
                    AW: "Krankenhaussterben"

                    Und noch einer:

                    Jede dritte Station wird vorläufig geschlossen:

                    VON BEATRIX LAMPE, 20.11.04, 08:15h


                    So dramatisch wie im Kölner Universitäts-Klinikum hat sich die Budgetierung der Krankenhauskosten noch nirgendwo im Land ausgewirkt: Auf Anordnung des Klinik-Vorstands wird jede dritte der 80 Stationen vorläufig geschlossen und einer der drei OP-Säle in der Herzchirurgie stillgelegt, planbare Operationen werden erheblich eingeschränkt. Der Sparbefehl für die Zeit vom 20. Dezember bis zum 7. Januar, dem sich alle Einzelkliniken beugen müssen, ist Folge einer akuten Überschreitung des mit den Krankenkassen vereinbarten Betrages.

                    [...]

                    „Als Uniklinik haben wir es mit besonders teuren Fällen zu tun. Andere Häuser können sich entlasten, indem sie uns die Schwerkranken schicken und Patienten auch nach Feierabend auf uns verweisen. Darauf weist die besonders hohe Zahl kardiologischer Eingriffe außerhalb üblicher Dienstzeiten hin.“

                    [...]

                    Mit ihrem Masterplan bereite sich die Uniklinik darauf vor, von jetzt 1500 Betten auf dem Papier (1200 sind in Betrieb) auf weniger als 900 herunterzufahren, dabei gleich viele oder mehr Patienten zu versorgen. „Dafür muss die integrierte Versorgung greifen“, sieht Lackner einen weit stärkeren Einsatz der Uniklinik in der ambulanten Versorgung voraus. Dass die Beinahe-Einstellung des Klinikbetriebs ein politisches Signal setze und das nächste Budget höher werde, sei wegen der finanziellen Ausstattung der Krankenkassen nicht zu hoffen.
                    Quelle & weiter: http://www.ksta.de/artikel.jsp?id=1099064234892

                    Kommentar


                      #11
                      AW: "Krankenhaussterben"

                      Was passiert in dieser Zeit mit den KollegInnen? Kündigung? Zwangsfrei?

                      Kommentar


                        #12
                        AW: "Krankenhaussterben"

                        Zitat von Tempo
                        Was passiert in dieser Zeit mit den KollegInnen? Kündigung? Zwangsfrei?
                        Wahrscheinlich sowas in der Richtung (etwa die letzten 10 Sekunden)

                        ...,

                        hhe

                        Kommentar


                          #13
                          Und noch was spannendes ...

                          Hamburger Abendblatt vom 22.11.2004

                          Klinik-Streit: Juristischer Teilerfolg für den Landrat


                          Uetersen - Im juristischen Tauziehen um die Zukunft des Uetersener Krankenhauses hat gestern der Kreis Pinneberg einen Teilerfolg errungen. Nach mehrwöchiger Prüfung erklärte sich der Richter am Landgericht Itzehoe für "nicht zuständig", um über eine einstweilige Verfügung der Stadt zu entscheiden. Uetersen will den Kreis zwingen, das Krankenhaus nicht wie geplant am 3. Dezember zu schließen. Jetzt muß das Verwaltungsgericht Schleswig darüber urteilen.

                          [...]


                          Unverändert von der Entscheidung über die Zuständigkeit des Gerichts behält der Hinweis des Itzehoer Richters Gültigkeit, daß die Situation im Uetersener Krankenhaus nicht mehr verändert werden darf. Darauf pochen jedenfalls Bürgermeister Wiech und Rechtsanwalt Jochen Glaubach. Gleichzeitig beklagte der Uetersener Verwaltungschef, daß der Kreis sich nicht an diese Auflage halte. Nach Angaben von Wiech sind aus der Anästhesie und der Orthopädie in Uetersen Geräte abtransportiert worden. mra

                          erschienen am 20. November 2004 in Pinneberg
                          Quelle & weiter: http://www.abendblatt.de/daten/2004/11/20/366387.html

                          Kommentar


                            #14
                            Privatisierung der Uni-Kliniken Marburg und Giessen geplant

                            Die Hessische Landesregierung hat sich entschieden, die Zukunft der Universitätskliniken Gießen und Marburg durch eine vollständige Privatisierung zu sichern und wird damit eine bundesweite Vorreiterrolle übernehmen.

                            „Es entstehen zwei Großkliniken ohne Betriebsdefizite zu Lasten des Landeshaushaltes“, betonte Koch und fügte hinzu, es werde keine betriebsbedingten Kündigungen geben, Ausbildungs- und Studienplätze würden gesichert. Quelle: Fuldainfo.de

                            Kommentar


                              #15
                              AW: Privatisierung der Uni-Kliniken Marburg und Giessen geplant

                              Journal Med schreibt zu diesem Thema heute: «Mutiger Schritt» oder «Ausverkauf»

                              Kommentar

                              Lädt...
                              X